Vor der Einnahme von Heilpflanzen in der Schwangerschaft wird oft aus Unwissenheit zurückgewichen, weil nur ungenügende Erkenntnisse vorliegen. Die Erfahrungen zeigen jedoch, dass Heilpflanzen wie Johanniskraut und ein Tee aus Himbeerblättern zur Geburtserleichterung durchaus Sinn machen.
Sind Heilpflanzen in der Schwangerschaft und zur
Geburtserleichterung gerechtfertigt?
Heilpflanzen besitzen pharmakologisch wirksame Inhaltsstoffe
und sind damit pflanzliche Arzneimittel. In der Schwangerschaft sowie in der
Stillzeit wird bei allem was die Mutter zu sich nimmt stets auch die Wirkung
auf das Kind mitberücksichtigt. Bei Schwangeren stellt sich die Frage ob es
gerechtfertigt ist bei sogenannten Befindlichkeitsstörungen wie z.B. Unruhe und
Angst und anderen Schwangerschaftsbeschwerden wie Übelkeit oder Müdigkeit mit
Arzneimitteln zu behandeln und wenn ja womit? Pflanzliche Arzneimittel sind
dafür bekannt kaum Nebenwirkungen zu haben, doch leider liegen kaum
wissenschaftlichen Daten für Schwangere vor. Es gibt Regeln aus der
Schulmedizin, die bei der Entscheidungsfindung helfen.
Regeln bei der Verschreibung von Arzneimitteln bei
Schwangeren
- Eine Schwangere sollte nur mit Medikamenten behandelt werden, die schon seit vielen Jahren eingeführt sind. Voraussetzung ist natürlich, dass keine embryotoxischen Bedenken vorliegen.
- Eine Monotherapie ist anzustreben (d.h. immer nur eine Substanz und keine Vielstoffgemische)
- Die Dosis eines Medikaments ist so niedrig wie therapeutisch möglich zu wählen.
- Die Erkrankung selbst kann ein Risiko für die normale vorgeburtliche Entwicklung darstellen. Auch schwere Belastungen wie Schmerzen oder psychische Konflikte können den Schwangerschaftsverlauf gefährden. Das Unterlassen einer therapeutischen Intervention kann ein größeres Risiko für das Ungeborene darstellen als die Behandlung selbst.
Was ist ein „Off-Label-Use“?
Unter Off-Label-Use versteht man die Behandlung mit einem
Medikament, das für die vorgesehene Anwendung oder/und für die betreffende Patientengruppe
(z.B. Schwangere, Stillende, Kinder) nicht zugelassen ist. Die Zulassung für
Schwangere wird im Allgemeinen nicht explizit genannt. Der Hinweis
„kontraindiziert in der Schwangerschaft“ oder „Schwangerschaft“ im Absatz
„Gegenanzeigen“ zeigt jedoch an, dass eine dennoch durchgeführte Behandlung
einem Off-Label-Use entspricht.[1] Der
Grund dafür ist oft unzureichendes Erkenntnissmaterial aus Studien, weshalb
eine Einnahme nicht empfohlen werden kann und nicht etwa eine nachgewiesenen
Schädlichkeit.
Auswirkungen von Wissenslücken auf die Verschreibung
Der unbefriedigende Kenntnisstand sowie undurchschaubare
Kriterien bei der Klassifizierung von Medikamenten in der Schwangerschaft
begünstigen eine Fehleinschätzung des Arzneimittelrisikos mit der Folge, dass
entweder notwendige Verordnungen unterbleiben oder verschriebene Medikamente
nicht eingenommen werden. Ebenso wie in der Kinderheilkunde ist eine Therapie
mit Medikamenten bei Schwangeren häufig nur „off label“ möglich, weil für viele
Erkrankungen keine Medikamente ohne den Vermerk „Gegenanzeige: Schwangerschaft”
verfügbar sind.
Johanniskraut in der Schwangerschaft
Am Beispiel Johanniskraut lässt sich zeigen, dass
unzureichende wissenschaftliche Erkenntnisse auch Schwierigkeiten bei der
Verordnung von Heilpflanzen in der Schwangerschaft machen. Bei sehr ängstlichen
Schwangeren kann mit der Einnahme von Johanniskraut in der 36.-38.
Schwangerschaftswoche begonnen werden. Johanniskraut ist zur Angstminderung
unmittelbar während der Geburt ungeeignet, da bis zum Einsetzen der
vollständigen Angstlösung mindestens 1 Woche vergeht.
Erfahrungen mit Johanniskraut
Der Erfahrungsumfang mit Johanniskraut in der
Schwangerschaft ist mittelmäßig.
Da an Schwangeren grundsätzlich keine randomisierten Studien
durchgeführt werden dürfen, beruhen Kenntnisse zur Sicherheit von Medikamenten
auf der Auswertung von klinischen Erfahrungen.
1. Trimenon: Es liegen keine umfangreichen systematischen
Studien zur Anwendung in der Schwangerschaft vor. Eine prospektive kanadische Kohortenstudie an
54 Frauen mit Johanniskrauteinnahme, davon 49 mit Einnahme im 1. Trimenon,
zeigte weder eine erhöhte Fehlbildungsrate noch vermehrt Frühgeburtlichkeit.
Auch im Tierversuch fanden sich keine Hinweise auf teratogene Effekte.
2.-3. Trimenon / Perinatal: Unzureichende Datenlage, laut
Einzelfallberichten keine Hinweise auf funktionelle Auffälligkeiten.
Empfehlungen zur Schwangerschaft
Bei der Planung einer Therapie oder Planung einer
Schwangerschaft unter Therapie ist die Anwendung von Johanniskraut bei
depressiven Störungen in der Schwangerschaft akzeptabel. Mögliche
Komedikationen sollten bezüglich Wechselwirkungen geprüft werden. Photosensibilisierung
ist möglich. Die Konsequenzen welche sich durch die Anwendung von Johanniskraut
in der Schwangerschaft ergeben sind eine sorgfältige
Schwangerschaftsüberwachung und engmaschige psychiatrische Kontakte, um
rechtzeitig Krisen bei der Mutter und Entwicklungskomplikationen beim Feten (Frühgeburtsbestrebungen,
Wachstumsretardierung) begegnen zu können. Besser erprobte und besser
untersuchte „Alternativen“ sind formal gesehen chemisch-synthetische
Arzneimittel wie einige Trizyklika und SSRIs wie Sertralin und Citalopram.
Johanniskraut Produktnamen:
Esbericum ®
Hyperforat ®
Jarsin ®
Kira ®
Laif ®
Neuroplant ®
Johanniskraut in der Stillzeit
In einem Fallbericht war keine Substanz im Säuglingsserum
nachweisbar. Hypericin kann Prolaktin senken, eine verringerte Milchproduktion
ist daher nicht auszuschließen. In einer Untersuchung an 33 Mutter-Kind-Paaren
wurden bei 5 Kindern (häufiger als in Kontrollgruppe) leichte, nicht
behandlungsbedürftige Symptome wie Bauchkoliken, Lethargie und Schläfrigkeit
beobachtet. Ein Einfluss anderer Faktoren wie zusätzliche Antidepressiva bei 2
Frauen war jedoch nicht auszuschließen. Die vollgestillten Kinder nahmen normal
an Gewicht zu, so dass eine relevante Verringerung der Milchproduktion durch
die Prolaktin-senkende Wirkung unwahrscheinlich erscheint. In der Stillzeit ist
die Einnahme von Johanniskraut akzeptabel. Bei gleichzeitiger Einnahme von
oralen Kontrazeptiva muss die kontrazeptive Wirkung durch kontinuierliche
Einnahme monophasischer, niedrig dosierter Präparate verstärkt oder ein
Intrauterinpessar benutzt werden.[2]
Nervosität und Angst
Manche Frauen entwickeln eine Furcht vor der Geburt, weil
ihnen viele Geschichten darüber erzählt wurden was Schlimmes passieren kann und
wie unerträglich die Geburtsschmerzen seien. Nervosität und Angst können auch
erst während der Geburt auftreten, beispielsweise wenn die Frau sich der Naturgewalt der Wehen
hilflos ausgeliefert fühlt und nicht mit den Wehen arbeitet.
Beruhigende Heilpflanzen zur Geburtserleichterung
Gegen Angst und Unruhezustände werden Baldrianwurzel,
Hopfenzapfen, Johanniskraut, Lavendelblüten, Melissenblätter und
Passionsblumenkraut empfohlen. Bei Lavendelblüten und Melissenblättern beruht
die Wirksamkeit in erster Linie auf dem Vorhandensein von ätherischem Öl. Aus
diesen Heilpflanzen kann ein Tee zur Beruhigung zubereitet werden, der schon
vor dem Geburtstermin täglich getrunken werden kann sowie während der Geburt.
Tee zur Beruhigung und Geburtserleicherung
Es kann zur Geburtserleichterung ein beruhigender Tee
eingenommen werden, der über den Ablauf der Geburt verteilt getrunken wird.
Teerezepturen werden schon vor der Geburt individuell an die Vorlieben der Frau
angepasst, da die Schwangeren unterschiedlich auf Rezepturvorschläge für Tee
reagieren und den Tee auch geschmacklich unterschiedlich bewerten. Den Tee
bedeckt 10 Minuten ziehen lassen und 5 Tassen frisch bereiteten Tee über den
Tag verteilt trinken.
Ein Tee zur Beruhigung, der sich durch einen sehr angenehmen
Geschmack auszeichnet, besteht aus:
Baldrianwurzel 40,0
g
Hopfenzapfen 20,0
g
Melissenblättern 15,0
g
Pfefferminzblättern 15,0 g
Pomeranzenschalen
10,0g
Tee mit Himbeerblättern aus der Erfahrungsheilkunde
Damit der Muttermund weicher wird, werden zur
Geburtserleichterung in der Volksmedizin und Erfahrungsheilkunde Tees ab der
32. Schwangerschaftswoche empfohlen. Schulmedizinische Alternativen gibt
hierfür es nicht. Hebammen empfehlen ab der 34. Schwangerschaftswoche
regelmäßig 3-4 Tassen Tee aus Himbeerblättern zu trinken. 1 TL gehäufte Teemischung mit 1 Tasse kochendem Wasser
(ca.150ml) übergiessen und bedeckt ca. 10-15 Minuten stehen lassen.[3] Eine bewährte
Rezeptur für einen Tee aus Himbeerblättern zur Geburtserleichterung enthält
Himbeerblätter
20,0 g
Melissenblätter
20,0 g
Frauenmantelkraut 20,0
g
Dillfrüchte 10,0g
Fenchelfrüchte
10,0g
Ätherisches Öl im Tee zur Geburtserleichterung
Tee aus Heilpflanzen wird immer bedeckt stehen gelassen, da
es sich bei den Wirkstoffen oft um flüchtige Substanzen wie ätherische Öle
handelt. Beim Tee zur Geburtserleichterung ist ätherisches Öl in
Melissenblättern, Dill- und Fenchelfrüchten enthalten. Das ätherische Öl
verflüchtigt leicht und steht nicht mehr zur Wirkung zur Verfügung, wenn der
Tee nicht zugedeckt wird. Das sich an der Bedeckung gesammelte Konzentrat wird
vor Genuss wieder in den Tee zurück geschüttet. Bei Dill- und Fenchelfrüchten
handelt es sich um Heilpflanzen, die eine entkrampfende Wirkung auf den
Magen-Darm-Trakt haben. Melissenblätter wirken beruhigend und ebenfalls
entkrampfend auf den Magen-Darm-Trakt. Dieser Wirkmechanismus kann
möglicherweise auch während der Geburt krampfmindernd und beruhigend wirken.
Frauenmantelkraut wird gerne bei gynäkologischen Beschwerden eingesetzt, eine
nachgewiesene Wirkung besteht jedoch nur bei mildem Durchfall. Aufgrund der
Nebenwirkungsfreiheit kann dieser Tee aus Heilpflanzen über einen längeren
Zeitraum eingenommen werden.
Studien über Tee aus Himbeerblättern in der Schwangerschaft
Tee aus den Blättern von Rubus idaeus L. (Himbeere) wird seit Jahrhunderten in der Volksmedizin verwendet um Wunden, Durchfall, Koliken und Schmerzen zu behandeln ausserdem wird es als Beruhigungsmittel für die Gebärmutter eingesetzt.[4] Viele Frauen konsumieren Tee aus Himbeerblättern während ihrer Schwangerschaften in dem Glauben, dass es Wehen verkürzt und erleichtert. Für Himbeerblätter ist keine ausreichende Wirksamkeit belegt. Bei Merrschweinchen wirkte es in einer Studie relaxierend auf die Darmmuskulatur.[5] Wegen des Mangels an Forschung in Bezug auf Himbeerblätter, insbesondere im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt, wurde eine doppel-blinde, randomisierte, Placebo-kontrollierte Studie durchgeführt. Die Stichprobe bestand aus 192 Erstgebärenden mit niedrigem Risiko, die ihre Babys zwischen Mai 1999 und Februar 2000 in einem großen Krankenhaus in Sydney in Australien zur Welt brachten. Das Ziel der Studie war, die Wirkung und Sicherheit von Himbeerblätter-Tabletten (2 x 1,2 g pro Tag) festzustellen, die ab der 32. Schwangerschaftswoche bis Geburt konsumiert wurden. Es wurden keine negativen Auswirkungen für Mutter oder Kind festgestellt, aber entgegen der landläufigen Meinung verursachte die Einnahme von Himbeerblättern keine Verkürzung die erste Phase der Geburt. Die einzigen Befunde waren eine Verkürzung der zweiten Phase der Geburt um 10 Minuten und eine niedrigere Rate an Zangengeburten zwischen der Behandlungsgruppe und der Kontrollgruppe (19,3% vs 30,4%). Die Unterschiede zwischen den Gruppen sind noch zu mangelhaft und nicht ausreichend, um Himbeerblätter aus wissenschaftlicher Sicht zur Geburtserleichterung zu empfehlen.[6] Jede Gebärende wird sich aber wahrscheinlich darüber freuen, wenn ihre Wehen um 10 Minuten verkürzt werden und die Wahrscheinlichkeit einer Zangengeburt auch nur minimal sinkt.
Tee aus den Blättern von Rubus idaeus L. (Himbeere) wird seit Jahrhunderten in der Volksmedizin verwendet um Wunden, Durchfall, Koliken und Schmerzen zu behandeln ausserdem wird es als Beruhigungsmittel für die Gebärmutter eingesetzt.[4] Viele Frauen konsumieren Tee aus Himbeerblättern während ihrer Schwangerschaften in dem Glauben, dass es Wehen verkürzt und erleichtert. Für Himbeerblätter ist keine ausreichende Wirksamkeit belegt. Bei Merrschweinchen wirkte es in einer Studie relaxierend auf die Darmmuskulatur.[5] Wegen des Mangels an Forschung in Bezug auf Himbeerblätter, insbesondere im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt, wurde eine doppel-blinde, randomisierte, Placebo-kontrollierte Studie durchgeführt. Die Stichprobe bestand aus 192 Erstgebärenden mit niedrigem Risiko, die ihre Babys zwischen Mai 1999 und Februar 2000 in einem großen Krankenhaus in Sydney in Australien zur Welt brachten. Das Ziel der Studie war, die Wirkung und Sicherheit von Himbeerblätter-Tabletten (2 x 1,2 g pro Tag) festzustellen, die ab der 32. Schwangerschaftswoche bis Geburt konsumiert wurden. Es wurden keine negativen Auswirkungen für Mutter oder Kind festgestellt, aber entgegen der landläufigen Meinung verursachte die Einnahme von Himbeerblättern keine Verkürzung die erste Phase der Geburt. Die einzigen Befunde waren eine Verkürzung der zweiten Phase der Geburt um 10 Minuten und eine niedrigere Rate an Zangengeburten zwischen der Behandlungsgruppe und der Kontrollgruppe (19,3% vs 30,4%). Die Unterschiede zwischen den Gruppen sind noch zu mangelhaft und nicht ausreichend, um Himbeerblätter aus wissenschaftlicher Sicht zur Geburtserleichterung zu empfehlen.[6] Jede Gebärende wird sich aber wahrscheinlich darüber freuen, wenn ihre Wehen um 10 Minuten verkürzt werden und die Wahrscheinlichkeit einer Zangengeburt auch nur minimal sinkt.
Wie sollen Heilpflanzen und Tee in der Schwangerschaft
eingenommen werden?
Während Schwangerschaft, zur Geburtserleichterung und
Stillzeit ist anzuraten Heilpflanzen möglichst nur nach Absprache mit dem Arzt
oder Apotheker einzunehmen. Bei einer Selbstmedikation mit Heilpflanzen in Form
von Tee und anderen Zubereitungsformen ist die behandelnde Gynäkologin davon zu
informieren. In den meisten Fällen ist die Behandlung mit Heilpflanzen, welche
in ihrer Wirkung mild sind, relativ unbedenklich.
Quellen:
[1] Christof Schaefer.
ARZNEIMITTELTHERAPIE. Off-Label-Use von Medikamenten in der Schwangerschaft. FRAUENARZT
48 (2007) Nr. 1. S.20-25. http://www.embryotox.de/fileadmin/files/offlabeluse.pdf
[2] http://www.embryotox.de/johanniskraut.html
[3] Kammerer, Schilcher.
Leitfaden Phytotherapie. Urban & Fischer Verlag, 2. Auflage. S728-729.
[4] Rojas-Vera J, Patel AV, Dacke CG. Relaxant activity of
raspberry (Rubus idaeus) leaf extract in guinea-pig ileum in vitro. Phytother
Res. 2002 Nov;16(7):665-8.
[5] Phytother Res. 2002 Nov;16(7):665-8.
Relaxant
activity of raspberry (Rubus idaeus) leaf extract in guinea-pig ileum in vitro.
Rojas-Vera
J, Patel AV, Dacke CG.
[6] Simpson M, Parsons M, Greenwood J, Wade K. Raspberry
leaf in pregnancy: its safety and efficacy in labor. J Midwifery Womens Health.
2001 Mar-Apr;46(2):51-9.
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